Sauter, Marion (10 May 2023). Schweizer Holzbaukultur: Tradition, Moderne, Zukunft In: S-Win Von der Forschung zur Praxis. Biel. 10. Mai 2023.
|
Text
S_WIN_Tagungsband_Forschung_in_die_Praxis_Sauter_2023.pdf - Published Version Available under License Publisher holds Copyright. Download (1MB) | Preview |
Der Holzbau hat in der Schweiz eine lange, regional differenzierte Tradition. Der aus der voralpinen Architektur abgeleitete Schweizer Holzstil resp. das Chalet sorgten seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert für ein Holzbau-Klischee, das den Tourismus bediente und bis heute die scheinbar beste Lösung für die Weiterentwicklung des ländlichen Raums darstellt. Dieser Prozess vollzog sich unter dem Radar der modernen, internationalen Architektur. Der sukzessive Einsatz von Eisen und Beton seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert hatte auch in der Schweiz zu einer Akademisierung der Ingenieurwissenschaften geführt: 1856 wurde Gottfried Semper (1803–1879) an die ETH Zürich berufen und eine Bauschule gegründet, die sich mit Ingenieuren wie Emil Mörsch (1872–1950) zu einem Zentrum des Bauens mit Stahlbeton entwickelte. Zur Etablierung dieser neuen Materialien, die für den Bau der Infrastruktur und hier in erster Linie des Eisenbahnnetzes eine wesentliche Rolle spielten, wurde 1880 eine Materialprüfungsanstalt eingerichtet. Die Folge: Das Handwerk Holzbau geriet ins Hintertreffen. Die vorherrschende wie populäre Chaletarchitektur galt in Fachkreisen bald schon als überholt, obwohl auch Stararchitekten wie etwa Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) «Schweizerhäuschen» errichtet hatten und vorfabrizierte Bauten im Schweizer Holzstil aus sezialisierten Fabriken international geordert wurden.