Zwischen Bildungsansprüchen und Bildungsrealitäten : Tagesschulen in der Stadt Zürich aus der Perspektive von Schule, Politik und Forschung

Chiapparini, Emanuela; Schuler-Braunschweig, Patricia (26 June 2018). Zwischen Bildungsansprüchen und Bildungsrealitäten : Tagesschulen in der Stadt Zürich aus der Perspektive von Schule, Politik und Forschung In: Roundtable an der SGBF Konferenz "Bildung, Politik, Staat", SGBF. Zürich. 26. Juni 2018.

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Der gesellschaftliche Wandel und insbesondere ein neues Rollenverständnis in der Familie haben vielfältige neue Familienmodelle hervorgebracht, die ein hohes Bedürfnis an ganztägigen Betreuungsangeboten haben. In Kanton und Stadt Zürich sind die Gemeinden schon heute verpflichtet, ein bedarfsgerechtes Angebot an Tagesstrukturen (unterrichts- oder familienergänzende Betreuung) bereitzustellen. Die wachsende Zahl ausserunterrichtlicher Angebote löste einen wissenschaftlichen und politischen Diskurs über „gute“ Bildung (und Bildungssysteme) aus, der dazu führte, dass der Ausbau von sog. Tageschulen in vielen Kantonen der Deutschschweiz vorangetrieben wurde. Im Gegensatz zu den heutigen Tagesstrukturen, wo Bildung und Betreuung als zwei Systeme nebeneinander bestehen und bestenfalls ohne grosse Hürden anschlussfähig sind, verbinden sich in Tagesschulen Bildung, Betreuung, Erziehung, Verpflegung und Freizeit durch pädagogische, organisatorische, personelle und räumliche Massnahmen (Chiapparini et al. 2017). So bleibt die Durchmischung der sozialen Gruppe konstant und bietet allen SchülerInnen Gelegenheit, von ausserunterrichtlichen Lern- und Spielanregungen, Förder- und Freizeitangeboten und der Unterstützung von den Hausaufgaben zu profitieren. Ein umfassendes Bildungssetting wird angestrebt, in welchem formale, non-formale und informelle Lernen für alle möglich ist (Rauschenbach et al. 2004; Züchner 2013). Dies ist auch der Aspekt, der in letzter Zeit im Zusammenhang mit Tagesschulen am meisten diskutiert wurde: Es gibt fachlich und bildungspolitisch keinen Konsens darüber, was eine „gute“ Tagesschule ausmacht. Dies und das föderalistische Schulsystem in der Schweiz hat zur Folge, dass es heute einerseits eine Vielzahl an Tagesschulmodellen gibt – von ungebundenen, teil-gebundenen bis zu gebundenen Tagesschulen -andererseits es auch eine Vielfalt von Begriffen für vergleichbare Angebote gibt. Die Stadt Zürich hat in diesem Zusammenhang eine Pionierrolle eingenommen. Als erste Schweizer Gemeinde führt sie flächendeckend und schrittweise Tagesschulen mit drei gebundene Mittage ein, d.h. an drei Tagen mit Nachmittagsunterricht bleiben die SchülerInnen über Mittag in der Schule. Die ersten fünf Pilotschulen haben im Sommer 2016 ihren Betrieb aufgenommen. Explizite Ziele des Projekts sind, die Bildungsgerechtigkeit zu fördern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen gehen Beteiligte aus dem Handlungsfeld Schule, Politik und Forschung im Diskussionssetting „Roundtable“ folgender Frage nach: Wie wird die Einführung von Tagesschulen in der Stadt Zürich mit Blick auf erweiterte Lernorte, (sozial)pädagogisches Handeln, Chancengleichheit, Wohlbefinden der Kinder und Zufriedenheit aller Beteiligten wahrgenommen? Der Roundtable gliedert sich in zwei Teile: In einem ersten Teil stehen folgende drei Fachreferate aus den Bereichen Schule, Politik und Forschung im Mittelpunkt: Die Schulleitung und Leitung Betreuung der Tagesschule „Am Wasser“ berichten von den ersten zwei Einführungsjahren und reflektieren ihre fachlichen und erfahrungsbasierten Erkenntnisse. Die Projektleitung „Tagesschule 2025“ (Sport- und Schuldepartements der Stadt Zürich) beschreibt aus ihrer Sicht den Einführungsprozess von Tagesschulen in der Stadt Zürich und reflektiert Chancen und Herausforderungen des Pilotprojekts «Tagesschulen 2025». Schliesslich stellen das Forschungsteam des vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Forschungsprojekts zu pädagogischen Zuständigkeiten an Tagesschulen („AusTEr“) erste Befunde vor. Die Studie ist als Kooperationsprojekt der PH Zürich und der ZHAW Soziale Arbeit und auf zwei Zeitpunktmessungen angelegt: vor der Einführung von vier Tagesschulen in der Stadt Zürich und ein Jahr danach. Ziel des gewählten qualitativen Forschungszugangs ist es, die Deutungsmuster der unterschiedlichen beteiligten Personen (Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen, Fachpersonen Soziale Arbeit, Eltern, Drittanbietenden, Schulleitung und Leitung Betreuung) im Zuge des Einführungsprozesses von Tagesschulen nachzuzeichnen und Aussagen zu Aushandlungsprozessen zur öffentlichen Erziehung vorzunehmen. Erste Ergebnisse weisen auf ambivalente Deutungsmuster bezüglich Bildungserwartungen und -realitäten unter und zwischen den beteiligten Personengruppen hin. Mit Blick auf die obere Fragestellung werden ausgewählte Befunde vorgestellt. Der zweite Teil des Roundtables bietet Raum für eine Diskussion mit dem Publikum, woraus Erkenntnisse generiert, blinde Flecken genannt und Perspektiven für den weiteren Fachdiskurs zu ganztätiger Bildung in Schule, Politik und Forschung formuliert werden. Chiapparini, E., Stohler, R., & Bussmann, E. (2017). Von Geometrieförderung über Hiphop-Kurse zu freiem Spiel. Im Brennpunkt: Tagesschulen. Sozial 6, 8-9. Rauschenbach, T., Leu, H.R., Lingenauber, S., Mack, W., Schilling, M., Schneider, K. & Züchner, I. (2004). Non-formale und informelle Bildung im Kindes- und Jugendalter. Konzeptionelle Grundlagen für einen nationalen Bildungsbericht. Stand: Januar 2004. Bonn: BMBF. Züchner, I. (2013). Formale, non-formale und informelle Bildung in der Ganztagsschule. Jugendhilfe 51 (1), S. 26–35.

Item Type:

Conference or Workshop Item (Paper)

Division/Institute:

School of Social Work

Name:

Chiapparini, Emanuela0000-0002-1796-088X and
Schuler-Braunschweig, Patricia

Language:

German

Submitter:

Emanuela Chiapparini

Date Deposited:

27 Nov 2019 07:47

Last Modified:

01 Dec 2022 21:45

Related URLs:

Uncontrolled Keywords:

371: Schulen und schulische Tätigkeiten; Tagesschule, Politik, Schule, Forschung, Wohlbefinden, Wohlergehen, Kind, Freizeit, Elternarbeit, Kooperation, Soziale Arbeit, Lehrperson, Schulleitung, Soziale Ungleichheit, Tagesschule 2025, Zürich, Bildung

URI:

https://arbor.bfh.ch/id/eprint/8639

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