Project ProSchwein : final report

Kupper, Thomas; Spring, Peter (2008). Project ProSchwein : final report Berner Fachhochschule, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen

[img] Text
Synthesebericht ProSchwein 20080331d.pdf - Published Version
Restricted to registered users only
Available under License Publisher holds Copyright.

Download (782kB) | Request a copy

Männliche Ferkel werden zurzeit in den beiden ersten Lebenswochen ohne Schmerzausschaltung chirurgisch kastriert, um die Bildung von Ebergeruch im Fleisch, welcher hauptsächlich durch die Substanzen Androstenon, Skatol und Indol verursacht wird, zu vermeiden. Diese Methode ist in der Schweiz ab 1. Januar 2009 verboten. Deshalb hat Suisseporcs zusammen mit den Bundesämtern für Veterinärwesen (BVET) und Landwirtschaft (BLW), der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft (SHL), SUISAG, COOP und Migros, das Projekt „ProSchwein“ initialisiert. Im Rahmen von ProSchwein wurden alternative Methoden zur konventionellen Ferkelkastration erforscht und in der Praxis getestet: Methoden basierend auf chirurgischer Kastration unter Schmerzausschaltung (Inhalationsnarkose, Lokalanästhesie, Injektionsnarkose), Methoden ohne chirurgische Kastration (Jungebermast, Impfung gegen Ebergeruch, genetische Selektion) sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen und die Akzeptanz der Methoden. Die Prüfung eines Geräts zur Schmerzausschaltung mittels Inhalationsnarkose (verwendetes Narkosegas: Isofluran) unter Praxisbedingungen hat bei über 300 Ferkeln gezeigt, dass diese Methode bei sorgfältiger Durchführung kombiniert mit einer Injektion gegen postoperative Schmerzen bei über 90 % der Tiere zu einer guten Schmerzausschaltung bei der Kastration führt. Die Anforderungen an die Arbeitsplatzsicherheit wurden eingehalten. Die Injektionsnarkose mittels Ketamin/Midazolam ist eine mögliche Alternative zur Inhalationsnarkose. Erste Feldversuche zeigten eine gute Wirksamkeit bezüglich Schmerzausschaltung. Allerdings erfordert die Umsetzung dieser Methode weitere Abklärungen (u.a. bezüglich Registrierung des Wirkstoffgemischs). In einer Untersuchung mit 47 Ferkeln hat die Lokalanästhesie bei kombinierter intratestikulärer und subkutaner Injektion von Lidocain den Kastrationsschmerz deutlich reduziert. Eine vollständige Schmerzausschaltung wurde jedoch nicht erreicht. Die Versuche zur Jungebermast zeigten eine gute Futterverwertung und eine hohe Schlachtkörperqualität. Der Anteil der geruchsbelasteten Schlachtkörper lag bei rund 6 % oder mehr. Je nach Zusammensetzung des Futters war es möglich, die Gehalte von Skatol und Indol zu senken, nicht aber von Adrostenon. Die von der ALP Posieux entwickelte elektronische Nase kann im Labor 95 – 100 % der Proben aufspüren, welche gemäss klassischer HPLC Methode Ebergeruch aufweisen. Zur vollständigen Aussortierung der geruchsbelasteten Schlachtkörper sind weitere Arbeiten nötig, so dass sämtliche Stoffe inklusive ihre Interaktionen, welche zum Ebergeruch beitragen, detektiert werden können. Die Anwendung der elektronischen Nase in der Praxis erfordert technische Anpassungen, welche einen Betrieb unter den Bedingungen eines Schlachthofs erlauben. Solange ein solches Gerät nicht zur Verfügung steht, und die Kontrolle des Gehalts an Androstenon mittels genetischer Selektion nicht möglich ist, wird die Jungebermast in der Schweiz voraussichtlich ein Nischenmarkt bleiben. Die Impfung gegen Ebergeruch verhindert die Bildung von Androstenon und den Ebergeruch im Fleisch von männlichen Schweinen ohne chirurgische Kastration. Diese Methode wird bereits heute in Ländern wie Australien, Neuseeland oder Brasilien praktiziert. Der Impfstoff ist in der Schweiz zugelassen. Die Zulassung in der EU wird für dieses Jahr erwartet. In einem Versuch an der Forschungsanstalt ALP Posieux wurden die Leistungen und die Schlachtkörperqualität der geimpften Tiere untersucht. Diese wiesen einen ähnlichen Tageszuwachs sowie eine bessere Futterverwertung und Schlachtkörperqualität im Vergleich zu den Kastraten auf. Zudem war der Gehalt an Androstenon und Skatol im Fett der geimpften Tiere sehr niedrig. Untersuchungen im Teilprojekt genetische Selektion gaben erste Hinweise über die Konzentrationen von Androstenon, Skatol und Indol in der Edelschweinrasse der Schweiz, und über die phänotypischen Zusammenhänge zwischen dem Gehalt dieser Stoffe und Leistungsmerkmalen. Die Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der alternativen Methoden haben gezeigt, dass aus ökonomischer Sicht die Narkosevarianten sowie die Variante Impfung empfohlen werden können. Die Mehrkosten der Impfung und der Narkosevarianten (im Falle der Inhalationsnarkose bei Zuchtbetrieben von ca. 250 Sauen) liegen bei rund SFr. 2.- pro männliches Ferkel. Bei einem Betrieb von 25 Sauen betragen die Kosten der Inhalationsnarkose allerdings gegen SFr. 10.- pro männliches Ferkel. Die günstige Futterverwertung bei der Jungebermast senkt die direkten Kosten markant. Andererseits entstehen schon bei einem Anteil geruchsbelasteter Schlachtkörper von 5% grosse Verluste. Die Kosten der elektronischen Nase liegen bei grossen Schlachtbetrieben im Bereich von SFr. 2.- pro männliches Ferkel. Zur Akzeptanz der alternativen Methode bei den Betroffenen und insbesondere bei den Konsumenten wurden drei Untersuchungen durchgeführt. In den ersten beiden Studien zeigte die chirurgische Kastration unter Schmerzausschaltung die höchste Akzeptanz. Bei der Jungebermast fielen die Bedenken betreffend Ebergeruch stark ins Gewicht. Die Akzeptanz der Impfung war niedrig, die Ablehnung fiel gleichzeitig nicht explizit aus. Die Resultate wiesen darauf hin, dass die Information einen höheren Aufwand erfordert, da die Methode noch unbekannt ist. Dies wurde in der dritten Studie berücksichtigt. Die Resultate dieser Untersuchung zeigten, dass die Impfung gegen Ebergeruch bei den Konsumenten eine hohe Akzeptanz erreicht. Dabei muss aber im Vergleich zu den andern Methoden umfassender informiert werden. Auf internationaler Ebene wird das Thema Ferkelkastration unterschiedlich wahrgenommen. Teilweise ist eine dynamische Entwicklung im Gange (z.B. Niederlande). Die chirurgische Kastration unter Schmerzausschaltung scheint in Europa momentan die mehrheitsfähige Lösung zu sein. Mittel- bis langfristig wird mittels Fortschritt bei der genetischen Selektion und der automatischen Detektierung von Ebergeruch in den Schlachtkörpern der gänzliche Verzicht auf die Kastration angestrebt. Die heute vorliegenden Daten zeigen, dass die chirurgische Kastration mittels Inhalationsnarkose mit Isofluran, die Impfung gegen Ebergeruch und mit Einschränkungen auch die Jungebermast umsetzbar sind. Ein Vergleich der Methoden mit den Anforderungen an die Alternativen führt zu folgender Bewertung: 1. Wesentliche Verbesserung des Tierwohls: Eine wesentliche Verbesserung wird erreicht, insbesondere mit den Alternativen, welche ohne die chirurgischen Kastration auskommen. Die Inhalationsnarkose ermöglicht bei über 90 % der Tiere eine ausreichende Schmerzausschaltung bei der Kastration. Die Injektion eines Schmerzmittels erlaubt eine weitgehende Kontrolle der postoperativen Schmerzen. Bei der Impfung sind lediglich zwei Injektionen des Impfstoffs nötig. Bei der Jungebermast entfällt jeglicher Eingriff. 2. Beibehalten oder Verbessern des Qualitätsstandards und der Beliebtheit des CH-Schweinefleisches in Bezug auf Nährwert, sensorische Qualität und Verarbeitungsqualität: die chirurgische Kastration unter Narkose bringt keine Änderungen. Schweine, die in Versuchen mittels Impfung produziert wurden, erfüllten die Qualitätsanforderungen. Bei Verzicht auf die chirurgische Kastration resultiert eine Erhöhung des Magerfleischanteils. Allerdings muss die Fettqualität beachtet werden (Anpassung des PMIs im Futter) und zudem ist ein allzu hoher Magerfleischanteil aus Qualitätsgründen nicht wünschenswert. Das Problem des Ebergeruchs wird sich bei den geimpften Tieren nach heutigem Kenntnisstand nicht stellen, sofern die Impfung korrekt durchgeführt wird. Das Hauptproblem bei der Jungebermast bleibt der Anteil geruchsbelasteter Schlachtkörper. Solange eine elektronische Nase nicht verfügbar ist, besteht das Risiko, dass solches Fleisch in den Verkauf gelangen könnte. Für die Nischenproduktion hat diese Methode bereits heute ihre Berechtigung. 3. Akzeptanz bei den Betroffenen: gemäss Ergebnissen der Umfragen dürfte die chirurgische Kastration unter Narkose von den Konsumenten akzeptiert werden, sofern sie korrekt angewendet wird und eine gute Schmerzausschaltung sichergestellt ist. Diese Methode bringt in der ganzen Produktionskette am wenigsten Änderungen. Für die Impfung ist gemäss den Untersuchungen eine hohe Akzeptanz bei den Konsumenten erreichbar, braucht aber Anstrengungen bezüglich Kommunikation. Für eine breite Akzeptanz der Jungebermast und deren grossflächige Umsetzung sind Fortschritte in der Zucht und die Verfügbarkeit der elektronischen Nase nötig. 4. Wirtschaftlichkeit der Methode: Jede Methode bringt für die Produzenten Mehrkosten, welche bei der Inhalationsnarkose für Grossbetriebe (250 Muttersauen) oder bei der Impfung für alle Betriebe im Bereich von SFr. 2.- pro männliches Mastschwein liegen werden. 5. Verhindern von Missbrauch: die Möglichkeiten zur Kontrolle bezüglich der korrekten Anwendung der Methoden durch Dritte sind unterschiedlich. Eine Kontrolle ist bei der Inhalationsnarkose aufgrund der im Gerät eingebauten elektronischen Steuerung weitgehend möglich. Die Anwendung von Schmerzmitteln oder Injektionsanästhetika lässt sich nur aufgrund der abgegebenen Menge kontrollieren. Bei der Impfung ist nach aktuellem Kenntnisstand eine Erfolgskontrolle der Methode im Schlachthof mittels Messen der Hodengrösse bzw. Kochprobe möglich. 6. Möglichst keine Benachteiligung einzelner Markteilnehmer: Während die Kosten für die Impfung von der Betriebsgrösse kaum beeinflusst werden, sind die Kosten für die Inhalationsnarkose für kleinere Betriebe wesentlich erhöht (rund SFr. 10.- pro männliches Ferkel bei einem Betrieb von 25 Muttersauen). Folgende Gründe sprechen dafür, mehrere Methoden in die Umsetzung zu bringen: 1. Eine Monopolsituation schafft das Risiko hoher Kosten. 2. Eine einheitliche Lösung kann nicht für alle Produzenten optimal sein. 3. Die Investitionskosten für das Gerät zur Inhalationsnarkose sind vor allem für kleinere Betriebe hoch. 4. Wahlfreiheit verbessert die Motivation der Produzenten für die Umsetzung. Aufgrund der Untersuchungsresultate von Projekt ProSchwein wird empfohlen, am Verbot der Kastration ohne Schmerzausschaltung auf 1.1.2009 festzuhalten. Eine flächendeckende und geordnete Umsetzung erfordert aber eine angemessene Übergangsfrist, da der Abschluss der Untersuchungen (Methoden zur Schmerzausschaltung für kleine Betriebe wie Injektionsnarkose, Lokalanästhesie, Feldversuche zur Impfung gegen Ebergeruch) noch Zeit erfordert. Weiter soll ein Marktforschungsinstitut in enger Zusammenarbeit mit Produzenten und Abnehmern beauftragt werden, eine repräsentative, breit abgestützte und abschliessende Untersuchung zur Akzeptanz der verschiedenen Alternativen in der Schweiz durchzuführen. Zudem braucht die Sicherstellung einer soliden Ausbildung der Produzenten genügend Zeit. Methoden, die zur Umsetzung bereit sind, sollen bereits während der Übergangsfrist zügig auf den Betrieben eingeführt werden.

Item Type:

Report (Report)

Division/Institute:

School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL > Resource-efficient agricultural production systems
School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL > Agriculture

Name:

Kupper, Thomas0000-0001-9459-1910 and
Spring, Peter

Subjects:

S Agriculture > SF Animal culture

Publisher:

Berner Fachhochschule, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen

Funders:

[UNSPECIFIED] Bundesamt für Veterinärwesen ; [UNSPECIFIED] Migros ; [UNSPECIFIED] Suisseporcs ; [UNSPECIFIED] Coop ; [UNSPECIFIED] Suisag ; [UNSPECIFIED] Bundesamt für Landwirtschaft ; [UNSPECIFIED] Pfizer ; [UNSPECIFIED] Schweizer Tierschutz ; [UNSPECIFIED] Proviande

Projects:

[UNSPECIFIED] Alternative Methoden zur konventionellen Ferkelkastration ohne Schmerzausschaltung

Language:

German

Submitter:

Thomas Kupper

Date Deposited:

16 Jun 2020 13:43

Last Modified:

18 Dec 2020 13:30

Related URLs:

Uncontrolled Keywords:

Pig; Piglets; Castration; Surgical castration; Boar taint; Animal welfare; Castration of piglets; Androstenon; Skatole; Anaesthesia; Vaccination; Meat

ARBOR DOI:

10.24451/arbor.11823

URI:

https://arbor.bfh.ch/id/eprint/11823

Actions (login required)

View Item View Item
Provide Feedback